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SLÖ Burgenland

Lehrerlexikon - Anonyme Anzeige

1. Anonyme Beschwerdebriefe gegen einzelne oder mehrere LehrerInnen und/oder SchulleiterInnen sind grundsätzlich nicht zu behandeln. Ausgenommen sind lediglich Mitteilungen, die glaubwürdig bezeichnete strafgesetzwidrige Umstände (vergleichbar § 84 StPO) enthalten oder die schwerwiegende pädagogische Folgen oder Gefährdungen befürchten lassen. Bei allfälligen Erhebungen sind auf Wunsch des/der Betroffenen unverzüglich die PersonalvertreterInnen einzuschalten. In jedem Fall ist mit Vermeidung allen Aufsehens und mit möglichster Schonung der Ehre der beschuldigten Person vorzugehen. Diese Vorgangsweise gilt als bindend für alle Schulbehörden erster und zweiter Instanz.

2.Zeigt die anonyme Zuschrift oder Mitteilung jedoch einen Sachverhalt auf, der den Verdacht einer gerichtlich strafbaren Handlung oder Unterlassung begründet, so ist § 84 StPO zu beachten:
(1) Wird einer Behörde oder öffentlichen Dienststelle der Verdacht einer von Amts wegen zu verfolgenden strafbaren Handlung bekannt, die ihren gesetzmäßigen Wirkungsbereich betrifft, so ist sie zur Anzeige an eine Staatsanwaltschaft oder Sicherheitsbehörde verpflichtet.
(2) Keine Pflicht zur Anzeige nach Abs. 1 besteht, 1. wenn die Anzeige eine amtliche Tätigkeit beeinträchtigen würde, deren Wirksamkeit eines persönlichen Vertrauensverhältnisses bedarf, oder 2. wenn und solange hinreichende Gründe für die Annahme vorliegen, die Strafbarkeit der Tat werde binnen kurzem durch schadensbereinigende Maßnahmen entfallen.“ Daraus ergibt sich folgendes: Handelt es sich um ein Privatanklagedelikt (z.B. Ehrenbeleidigung), so hat die Behörde keine Anzeigepflicht. Gleiches gilt für Ermächtigungsdelikte (z.B. Beleidigung eines Beamten in Bezug auf seine Berufshandlungen; §117 Abs. 2 StGB), wenn der/die Betroffene die Ermächtigung zur Verfolgung nicht erteilt.

Ermächtigungsdelikte sind zwar vom öffentlichen Ankläger, jedoch nur mit Zustimmung des/der Betroffenen zu verfolgen.

Für Offizialdelikte (vom öffentlichen Ankläger von Amts wegen zu verfolgende Delikte) besteht uneingeschränkt die Anzeigepflicht nach § 84 StPO. Durch die Rechtssprechung des OGH sind folgende Grundsätze zu § 84 StPO entwickelt worden: Jeder Beamte/Jede Beamtin hat die ihm amtlich bekannt gewordenen strafbaren Handlungen (ausgenommen Privatanklagedelikte) dem/der Leiter/in des Amts zu melden, damit er/sie die Anzeige erstattet, ist er/sie selbst LeiterIn des Amts, hat er namens des Amts die Anzeige zu erstatten. Zu den „öffentlichen Behörden“ im Sinne des § 84 StPO gehören auch Schulen, deren LehrerInnen Beamte sind.